Untersuchungsbericht

Objektuntersuchung zum Reisetagebuch/Brouillon des P.S. SJ durch das Kantonsmuseum Luzern, Abteilung Archäologie

Im Auftrag von Herrn Dr. phil. Manuel Menrath, Lehrbeauftragter am Historischen Seminar der Universität Luzern, untersuchten wir im Oktober 2021 ein Tagebuch, das ihm anonym zugesandt worden war und an dessen Transkription er zurzeit arbeitet. Untersucht wurden der lederne Einband und der Verschluss des Brouillons sowie die einzelnen darin zusammengefassten, teils gebundenen Papiere.
Die folgende kurze Zusammenfassung bietet einen Überblick über die Untersuchungsresultate, welche Herr Meyer in der archäologischen Abteilung des Kantonsmuseums Luzern vorgenommen hat.

Objektdeutung:
Bei dem untersuchten Objekt [Abb. 1] handelt es sich um ein Brouillon (zu deutsch: Kladde), also um einen Entwurf oder ein unfertiges Buch bzw. lose Blätter, die in einer Schutzhülle zusammengefasst werden. Diese Form von Tagebuch ist insbesondere bei Reisetagebüchern seit dem 16. Jahrhundert bekannt. Zumeist wurden Einträge, Skizzen usw. nicht jeden Tag geführt, sondern thematisch. Diese Blätter wurden dann später zu Kapiteln zusammengefasst. Das Deckblatt enthält die Signatur P.S. SJ. Das Kürzel SJ (Societas Jesu) verweist eindeutig darauf hin, dass die Signatur zu einem Jesuiten gehört [Abb. 5].
Dies wird bestätigt durch das Emblem der Jesuiten, das unter dem Lederband, welches das Brouillon zusammenhält, eingeritzt ist.

Abb. 1

Ledereinband:
Der Einband besteht aus zwei Rindslederstücken, die am rückseitigen Ende des Buchrückens zusammengenäht sind. Das Leder stammt von einem Rind einer frühen Zucht des Holsteiner Fleckviehs. Die Art der Nähtechnik verweist in der Herstellung auf einen Armeeangehörigen oder allenfalls Trapper/Pelzhändler, da sie auf eine besondere Stabilität und Dauerhaftigkeit ausgelegt ist, jedoch nicht wie bei den Sattlern jener Zeit üblich einen parallelen Stich, sondern eine gegenläufige Fadenführung aufweist. Es ist bekannt, dass insbesondere Armeeangehörige sich in den Wintermonaten mit der Herstellung von allerlei Dingen beschäftigten, die sie dann verkauften.
Die Rückseite ist aus dem etwas weicheren Leder der Bauchseite des Rindes, die Vorderseite aus der Haut der linken hinteren Kuppe geschnitten. Nahe beim Buchrücken wurde von Hand mit einem Stichel oder Ähnlichem das Symbol des Jesuitenordens eingeritzt [Abb. 4]. Diese Ritzung wurde wohl von P.S. vorgenommen, da der Jesuitenorden in Kanada in dieser Zeit kaum mehr bzw. noch nicht wieder bekannt war.
Als Schliesse dient ein 2 cm breiter, fester Lederriemen, der an der Rückseite angenäht ist. Der untere, längere Teil weist vier ca. 5 mm grosse ausgestanzte Löcher auf. In eines der Löcher wurde ein handgeschmiedeter Eisennagel mit abgeknicktem Stift gesteckt. Der Nagelkopf wurde nachbearbeitet und flachgeklopft. Der Nagel wurde durch das Loch im darüber verlaufenden Lederriemen geführt, um die beiden Teile so fest zu verschliessen [siehe Abb. 2].

Schreibgründe/Papiere:
Die Untersuchung ist nicht auf den Inhalt der Schriften eingegangen, sondern nur auf die Art und Herkunft der verschiedenen Papiere sowie Schrifttypen und Schreibmittel. Die Einträge datieren zwischen dem 14. Mai 1850 und dem 18. Oktober 1852. Geschrieben wurden die Einträge auf folgende Schreibgründe:

> 39 Blätter (mit Garn und sechs Stichen gebunden) stammen von Dingelmann & Sons in New York (1831 bis 1902).
> 15 Blätter (in der Mitte gefaltet und nicht gebunden) stammen aus Armeebeständen (34. Inf.-Reg.).
> 23 Blätter stammen aus den Beständen der HBC (Hudson’s Bay Company) (nicht gebunden).
> 40 Blätter sowie 2 Deckblätter stammen aus den Beständen der damals frisch wieder eingerichteten Jesuiten-Mission in Quebec (mit Bindfaden gebunden).
> 5 Blätter stammen aus der Stadtkanzlei von Lörrach (nicht gebunden).

Schreibmittel:
Texte und Skizzen wurden mit vier verschiedenen Bleistiften sowie drei verschiedenen Tinten auf die Papiere gebracht. Die Handschrift stammt bis auf einige Skizzen und Notizen ausnahmslos von derselben Person. Allerdings verändert sich diese über das gesamte Schriftkonvolut teils drastisch. So sind die ersten Einträge noch schön und gut leserlich geschrieben und wurden von einer jungen, jedoch im Schreiben nicht sonderlich erfahrenen und mit Sicherheit männlichen Person verfasst. In den Wintermonaten veränderte sich das Bild jeweils und die Einträge wurden nur noch mit Bleistift gemacht.

Abbildungen des untersuchten Objektes:

Abb. 2 Vorderseite
Abb. 3 Rückseite
Abb. 4 Geöffnetes Schliessband mit darunterliegendem eingeritzen Symbol der Jesuiten.
Abb. 5 Unterschrift